Nun wollte ich eigentlich genau heute um diese zeit einen bericht über den nationalfeiertag chiles schreiben, der eigentlich am 18. ist, aber ehrlich gesagt vom 14.–19. september exzessiv gefeiert wird (der 19. ist zum auskartern immer frei, der 17. ist ein montag, so dass das parlament nach langer verhandlung entschied, auch diesen brückentag frei zu geben, die unternehmen ließen die mitarbeiter dann schon freitag mittag gehen und samstag war einfach alles durchgehend geschlossen). ich wollte bruchstückhafte erinnerungen zusammenkratzen und fotos hochladen, die mich einige überwindung kosten, was das veröffentlichen angeht.
Man kann nicht behaupten, dass dieses fest jetzt plötzlich ausgefallen wäre – im gegenteil. Nur ich lag leider fast durchgehend im bett.
Schon vor drei wochen wurde ich (mal wieder muss ich leider sagen) von leichten halsschmerzen und fieber gepeinigt. Ein wenig husten kam hinzu, ein paar bauchschmerzen. Die party, deren anfänge man ja schon seit damals in bildform auf der homepage sehen kann, könnte dran schuld sein, dachte ich – gute vorsätze wurden diesbezüglich nicht gefasst – da muss man wohl durch. Nach drei tagen fieber aber entschied ich mich doch mal den service der betriebsärztin in anspruch zu nehmen, die mir dann auch ein antibiotikum verschrieb.
Das fieber ging, die schmerzen zum teil. Doch keine zwei tage später kehrten die schmerzen in so unnachnamlicher weise zurück, dass selbst ich mich noch wunderte. Mit den schmerzen ging die möglichkeit feste nahrung zu sich zu nehmen, sowie die möglichkeit mit klaren worten zu kommunizieren. Ein blick in hals verriet warum, der durchgang für essen in die eine richtung, sowie für worte in die andere richtung war schlichtweg nicht mehr da, anstattdessen eine interessante weiß-rote masse – eine ansicht, die die betriebsärztin wiederum mit einem „o q feo“ quittierte.
Ein weiteres antibiotikum musste her. Die schmerzen blieben und sie fanden gefallen daran mich in meinen bescheidenen alltagswünschen zu stören.
So kam es also dazu, dass ich doch auch mal einblick in die chilenische vorzeige-zwei-klassen-medizin werfen durfte. Und ich war nicht unglücklich in die obere klasse reinschnuppern zu dürfen. Nach geschichten, die andere (unversicherte!?) austauschstudenten mir von der unteren klasse erzählten, war ich geradezu hoch erfreut.
Man betritt die klinik und wird nach fünf minuten dem arzt vorgestellt. Gut der stach nur kurz in den hals und fragte, ob das weh täte, worauf ich nichts sagte, weil ich ja nichts sagen konnte. Doch weitere fünf minuten später war ich beim hals-spezialisten, der mir ein „o q feo“ entgegenlachte und erst mal kollegen holte, um ihnen das schauspiel zu zeigen. Leider behandelte er mich ein wenig wie einen ausländer, der die sprache nicht versteht, dabei konnte ich ja nur gerade mal nicht sprechen. Man erklärte also eher paula, die mich lieber weise begleitete, als mir, dass ich eine mononucleosis infectiosa hätte, was, wie mir wikipedia mitteilte, pfeiffersches drüsenfieber sei.
Pragmatischer weise wurde mir umgehend ein kortison verschrieben, sowie einige (erstaunlich teure) laboruntersuchungen angeordnet. Paula versuchte noch bzgl. der preise etwas zu verhandeln (sonst schafft sie es erstaunlicher weise immer, aber im krankenhaus musste selbst ich in meiner etwas unangenehmen situtation schmunzeln, als sie nach einem kleinen rabatt wegen der anzahl der laboruntersuchungen fragte) – leider blieb dies also diesmal ohne erfolg.
Meine laune senkte sich dennoch, als wir feststellen mussten, dass es jenes kortison nicht mehr gab – in der ersten apotheke, in der zweiten ebenso wenig und wie man uns schließlich in der vierten mitteilte auf dem gesamten markt nicht mehr. Eine mischung aus unterzuckerung (ich hatte den tag über nur ein yoghurt gegessen) und ärgernis über das von apotheke zu apotheke laufen und fahren, rang mir die äußerung ab, dass man eben deswegen nicht in entwicklungsländern leben sollte, was wiederum mit schuldbwussten mienen beantwortet wurde – also der höchstmöglichen strafe für solche äußerungen.
Das kortison kam aber noch, sah und siegte und das relativ schnell – es zerstörte einfach, wie ich danach erfuhr, mein immunsystem, so dass dieses jene reaktion nicht mehr zeigte – eine wohl eher unkonventionelle methode. Schon mitten während der feiertage ging es nun wieder ins krankenhaus, um festzustellen, ob wenigstens der 18. selbst von mir (aktiv) miterlebt werden dürfte. Also hieß es wieder 5 minuten wartezeit auf mich zu nehmen, um dann einen neuen allgemeinarzt mit meinen laborergebnissen zu verwirren. Er fragte mich, was ich denn hätte und warum ich diese ganzen medikamente nehmen würde. ich meinte, ich hätte mononucleosis usw. woraufhin er mich patzig fragte, woher ich das denn wissen wolle.
Ich teilte ihm also noch zickiger mit, dass man das ja den ihm vorliegenden laborergebnissen entnehmen könne. Allein um recht zu behalten, klärte mich jener krankenhausarzt auf, dass das schwachsinn sei. Zwei tests wären negativ, der dritte (positive) unbedeutend. Er stellte mich also ruhig und verwies mich wegen meiner halsentzündung wieder zu einem (wieder anderen) hals-spezialisten. Dieser begann seine erklärung mit den worten, dass die mononucleosis ja offensichtlich aus den laborwerten hervorginge (viel offensichtlicher als bei den meisten anderen fällen)….willkommen in der chilenischen krankenhauswelt, da wurde viel vertrauen meinerseits aufgebaut.
Überstanden hatte ich wohl doch alles mehr recht als schlecht und wagte mich zwar auf keine feier mehr, aber doch noch am letzten tag zum finale des traditionellen chilenischen rodeos, dass bei all den krankengeschichten doch noch kurz als kleine abwechslung beschrieben werden muss:
Die chilenen sitzen vollkommen regungslos in der arena und schauen sich schweigend eine vielzahl an guasos (die chilenischen gauchos) an, die längere zeit paarweise durch das rund reiten. Schließlich wird ein vollkommen verängstigtes kalb (im nachhinein betrachtet: zurecht verängstigt) hinein gelassen, wird eine zeitlang bis zur angemessenen müdigkeit hin und her gejagt, um es schließlich einmal an der bande entlang im kreis zu jagen und dann an zwei markierten stellen, punkte zu sammeln. Die erhofften „tres punto bueno“ (dem chilenischen dialekt wegen ohne plural), werden genau dann erreicht, wenn das kalb durch geschicktes hetzen die bodenhaftung verliert und mit einer gewissen wucht gegen die bande geklatscht wird. gelingt das nicht oder rennt das kalb sogar einen anderen weg als vorgesehen, wacht das publikum plötzlich auf und meldet sich mit einem kollektiven uyuyui………….wenn man da mal nicht wieder schnell gesund wird….!!
p.s.: habe meinen flug vom 20.12. auf den 24.12. verlegt! Das LAN-reisebüro war wieder mal eine lehrstunde bzgl. chilenischer kultur. Die freundliche dame rief bzgl. meines anliegens in der zentrale an, fragte ihr gegenüber wie es ihr ginge, gab tipps bzgl. der erkältung, erkundigte sich nach den kindern, erzählte von ihrem verlängerten wochenende, sprach über eine eigene erkältung, die aber auch durch allergie beeinflusst wurde, kam noch mal auf die kinder zurück, fragte nach dem geplanten Mittagessen und erkundigte sich danach was für einen ticketstatus ich hätte….aber als erfahrener halb-chilene nutze ich die 10 minütchen, um mich im gemütlichen sessel des servicedesks vom anstrengenden rodeo auszuruhen…
p.p.s.: ich muss mich doch sehr wundern, dass die meisten, die meine seite zufällig über google erreichen, die worte „argentinierinnen nackt“ eingaben……..naja….besser so als gar niemand 😉 außerdem können die dann mich sehen, was ja auch schön ist